(Disclaimer: Dieser Post kann Spuren von Lagerkoller enthalten.)
Nesteln. Nesteln sind das Sahnehäubchen auf jeder protzigen Gewandung. Sie sind bunt, sie sind filigran, und mit Nestelspitzen können sie sogar ein wenig klimpern. Nur muss man sie erstmal herstellen. Das ist nun nicht so schwer, dauert nur recht lange und irgendwann tun einem die Finger weh. Und jeder der mich kennt weiß, ich bin ein fauler Mensch. Wozu haben wir denn die Spitze der Nahrungskette erklommen, um dann per Hand blöde Fäden miteinander verwirren zu müssen? Wozu bilden wir denn jedes Jahr tausende Ingenieure aus, wenn die keine vernünftigen Maschinen bauen können, die das für uns übernehmen?
Sowas gibt es? Noice! Nie wieder schmerzende Finger. Schnell und unkompliziert alle Nesteln, die ich mir je wünschen könnte. Wie schaut sowas denn aus?
old-braiding-machine-from-a-ropework-factory-ENGX79.jpg
Ah. Da hat Judy bestimmt Einwände, wenn ich uns sowas ins Wohnzimmer stellen…
Aber werde ich klein beigeben? Werde ich zurück zur schnöden Handarbeit kehren? Werde ich fleißig sein? Niemals, sage ich. Niemals!
Also ran ans Google. Zeit, jede Menge Zeit in die Recherche zu investieren (mehr als das eigentlich Nesteln weben dauern würde). Rein in die Blogs und Foren der Braiding Enthusiasts, der Bastler und Restaurateure. Irgendwo in den obskuren Ecken des Internets gibt es sie doch bestimmt. Die kleine, handliche und wohnzimmerfreundliche Nestelmaschine, die mir die ganze Arbeit abnimmt. Mit der ich die besten Nesteln mache, in der kürzesten Zeit. Die das Zeitalter der Industrialisierung ins hart umkämpfte Feld der Larp-Nestel-Knüpfer bringt.
Und.
Es.
Gibt.
Sie.
Meine Damen und Herren, ich präsentiere den KumiKreator. Ja, es ist ein billiges Plastik-Spielzeug, um Freundschaftsarmbänder zu knüpfen. Und ja es ist Rosa und Lila und OFFENSICHTLICH bin ich nicht die Zielgruppe. Aber das stört mich nicht. Es hat diese kleinen Spulen, die sich umeinander bewegen. Und es webt Muster. Und es hat Kurbelantrieb! (Und ich musste es nur zwei Mal bestellen, weil das Paket beim ersten Mal „verschollen“ ist... Judyyy?) Also teste ich es mal auf Herz und Nieren…
Erster Versuch mit den beigelieferten Fäden auf den kleinen Spulen und einer Anleitung, die mir genau sagt, wo welche Spule platziert werden soll. Das dauert einen kleinen Moment. Dann nochmal alles überprüfen und ran an die Kurbel!
bild 3.jpgbild 4.jpgbild 5.jpg
Und es funktioniert wunderbar. Innerhalb kürzester Zeit hebt sich das geflochtene Freundschaftsarmband wie der Phönix aus der Asche aus dem Wirrwarr an Spulen. Das Muster funktioniert, ist sauber und nach ein paar weiteren Arbeitsschritten bin ich stolzer Besitzer eines geflochtenen Freundschaftsarmbands. Ein wirklich lustiges Spielzeug.
Aber ich bin nicht wegen Freundschaft hier. Ich. Will. Nesteln.
Es wurde Zeit für anständige Farben. Die einzigen drei Farben, die ein Ost-Bürger je in seinem Leben braucht. Weiß, Rot, Gold...
Also habe ich die inzwischen leeren Spulen (die sind schon recht geschickt von den Herstellern portioniert, ich habe 10 ganze Spulen für das 10-fädige Armband gebraucht) mit dünnerem Faden in augengefälligen Ost-Farben aufgewickelt. Meine Ungeduld war nicht glücklich, denn sowas dauert natürlich ein klein wenig. Da der Faden dünner war als das mitgelieferte Zeug passte mehr auf die Spulen und es galt immerhin, 10 davon zu bestücken… Aber nach ca 10 Min war das geschafft, alles wurde neu eingespannt und nochmal gekurbelt…
Es rattert und klackert und ich habe auch ein tolles Video von dem Lärm, den dieses kleine Plastikteil macht, aber leider kann ich das nicht hochladen. Also stellt Euch einfach eine Fabrikhalle voller laufender Webmaschinen vor, das kommt in etwa hin.
Und ich bin wirklich nicht unzufrieden mit dem Ergebnis. Es ist nicht zu labbrig gewebt, die Schnur hat einen Durchmesser von etwa 4mm (passt also in die normalen Nestelspitzen) und eine volle Spule reicht bei diesem ersten Versuch für 40 cm Länge. Das ist mir noch ein klein wenig zu kurz, ich mag es gerne wenn es tief hängt, aber das lässt sich bestimmt mit etwas dünnerem Faden noch optimieren. Ich würde sagen, für die 40 cm Nestelschnur habe ich etwa 15 min gebraucht. Und ich habe keine schmerzenden Finger!
Das Beste kommt aber noch: Dieses kleine Maschinchen kann natürlich nur ein einzelnes Webmuster durchführen. Und das nennt sich Kogoh-gumi (oder Kumihino – der Unterschied ist mir nicht klar) und da das anscheinend eine bewährte Webmethode ist, gibt es in den oben erwähnten Untiefen des Internets eine Homepage, auf der man sich Farbmuster überlegen kann, und die einem dann die richtige Fadenstellung verrät. Das ist idiotensicher (sagte er, ohne es ausprobiert zu haben). Zuerst online das Design der Nesteln überlegen (Leute: Nesteln mit individuellem Design!!!!!), dann alles in die Maschine spannen und ein paar Kurbelumdrehungen später hat man die perfekt zur Gewandung passende Nestel. Muahahahaha!
Muahahahahahahaha!
Disclaimer: Zugegeben, auch wenn ich ein fauler Mensch bin, habe ich mir den KumiKreator (ich nenne ihn liebevoll den „Darius 3000“) hauptsächlich wegen der Ausgangsbeschränkungen und dem Spaß gekauft. Auch wenn er wirklich zu funktionieren scheint, bin ich nach den ersten zwei Versuchen noch nicht ganz überzeugt, dass er die manuelle Webmethode von Nesteln und deren Mustervielfalt ersetzen wird. Aber lustig ist es.
Links:
(Verkäuferlink sucht Ihr Euch gefälligst selbst)
Der Design-Generator: https://craftdesignonline.com/…umi-friendship-bracelets/
Ein ECHTER Review von einer ECHTEN Web-Expertin: https://loopbraider.com/2019/02/14/toy-braiding-machine/