Es ist ja wirklich schön hier im Forum, aber eines macht mich doch sehr traurig: die Abwesenheit von Bastelblogs. Als bekennender Bastler-Stalker ein echtes Manko. Also was tun? Selber einen starten, vielleicht fühlen sich ja noch andere motiviert.
Hier geht es erstmal um Rotdorn – bei Interesse streue ich vielleicht auch das ein oder andere Bastelprojekt ohne Ostreich Bezug ein. Rotdorn ist auf meiner Rückfahrt von der Gräbermark entstanden und ist was die Herangehensweise betrifft ein ungewöhnlicher Charakter. Ich mag es üblicher Weise Charaktere in Persönlichkeit/Erfahrung und/oder Gewandung eher schlicht zu starten und so viel Entwicklungspotential offen zu lassen. Rotdorn wird zwar ebenso Potential haben (alles andere wäre mir zu langweilig), aber sowohl Hintergrund als auch Gewandung sind recht intensiv durchgeplant und vorbereitet.
Mal sehen, wie viele der Pläne bis zur Con umsetzbar sind.
Vorüberlegungen zu Rotdorn
Nach der Gräbermark war ich sehr erfreut über all die tollen Gewandungen und legte da schon fest, dass Rotdorn noch stärker in Richtung Histo-Gewandung gehen wird als meine bisherigen – und, dass es Männerkleidung wird. Nur…welche Epoche? Ich bin ein großer Freund von SpäMi-Gewandungen, habe noch nie selber konsequent eine gemacht, aber andererseits sind frühere oder spätere Phasen auch alle interessant. Also, nach viel hin und her stellte ich fest, dass ich doch immer wieder bei Tudor-Stuff hängen bleibe. Ich glaube was Kleidung anbelangt ist das für meinen Geschmack eine der ganz wenigen Phasen, wo sowohl Männer- als auch Damenkleidung mir extrem gut gefällt. Nachdem ich letztes Jahr schon ein sehr aufwändiges Tudorkleid gemacht hatte ist das vielleicht ein Wink des Schicksals, das mich gewissermaßen zum Tudor Tailor auserkoren hat. Mir gefällt der Gedanke gefällt, nicht nur querbeet ein bisschen hier, ein bisschen da sich historischer Anleihen zu bedienen, sondern wirklich in einer Epoche eine gewisse Expertise aufzubauen (die jetzt noch ganz ganz rudimentär ist! Eigentlich habe ich keine Ahnung, nicht dass ich hier als Tudorcrack rüber komme). Also ade, Konzept mit Gugeln und engen Knopfleisten, hallo Doublet!
Erster Entwurf
Die erste Skizze ist auf einer Autofahrt entstanden, daher die eher mäßige Qualität. Die Jacke ist dem großartigen Buch „The King’s Servants“ vom Tudor Tailor entnommen, das ich wärmstens empfehlen kann. Später habe ich entschlossen, dass in Anbetracht der zu erwartenden Temperatur und meines Zeitmanagements es vielleicht besser ist, erst „nur“ Doublet und Hemd zu planen. Dann kann man immernoch aufstocken.
Doublet
Doublet zwischenstand klein.jpg
Eine gute Idee, denn das Doublet erforderte doch erstaunlich viel Arbeit, denn ein Schnittmuster war zwar vorhanden, jedoch war es eben für Männer gedacht. Entsprechend lange habe ich erstmal am Schnitt rumgedoktort (Bomull sei Dank, da kann man ohne fiesen Verschnitt experimentieren).
Zweiter Entwurf
Rotdorn Entwurf 2 klein.jpg
Als ich mit dem Grundschnitt endlich halbwegs fertig war und das Ding aus Wolle zusammen gedängelt hatte tat mein schlaues Hirn das, was es in der Situation am liebsten tut, nämlich denken: Mh. Jetzt könnte ich das als fertig ansehen und mich zufrieden geben. Ich könnte jetzt aber auch tolle Ideen haben wie das viel besser aussehen könnte mit ungefähr vier Mal so viel Aufwand. Das mache ich! Nice! Ja und dann wurde das kurze Doublet zu einem mit Rockteil (oder wie man das auch nennt), der in Falten gelegt ist. Das muss ich noch konstruieren. Und außerdem: Ärmel zum annesteln oder Anstecken. In einer anderen Farbe, die ich noch nicht festgelegt habe, auf jeden Fall nicht das gleiche Blau, wie ich zuerst geplant habe. Rest der Skizze wird später mal coloriert. Je nachdem, wie viel Zeit ich haben werde nehme ich eine bereits vorhandene Hose in braun/beige/rosa oder ich mache eine neue. Geschlossen wird der Spaß übrigens mit Nestelschnüren!
Chemise/Hemd
Meanwhile: Letztes Jahr habe ich für oben erwähntes Tudorkleid eine Chemise nach dieser wundervollen Anleitung genäht.
Dabei habe ich fürchterlich geflucht, denn ~4m Stoff erstmal mit 5 Reihen Pünktchen in 1cm Abstand zu versehen, alle Pünktchen aufzufädeln, alles zu raffen, festzuknoten, festzustellen dass der Kragen zu eng gerafft war aber die Fäden schon abgeschnitten sind, 1/3 neu zu raffen und die alten Fäden zu lösen, einen Stoffstreifen anzunähen innen, festzustellen dass der zu kurz geraten ist und auch hier improvisiert werden muss und am Ende einen leicht asymmetrischen Kragen zu haben war…herausfordernd. Aber auch hier ganz typisch: beim Nähen wird fürchterlich geschimpft, dann ist es irgendwann fertig und ich denke mir so: Jop, das war’s wert, beim nächsten Mal mache ich nur dieses und jenes anders. Moment. Beim nächsten Mal?
Tja also ich finde diese Hemden tatsächlich so schön, dass ich mich nochmal rangewagt habe, weil…ich mich anscheinend gerne selber quäle. Diesmal aber mit weniger Umfang, bloß ca 2,5m. Und ohne die Fehler vom letzten Mal, was tatsächlich den ganzen Prozess viel weniger lang erscheinen ließ – für den Kragen habe ich jetzt „nur“ ca 10 Stunden gebraucht. Und ich bin ziemlich glücklich damit!
Das Schöne daran, so etwas zu nähen ist, dass es zwar unheimlich lange dauert, aber es ist gleichzeitig sehr simpel - perfekt, wenn der Kopf gerade viel zu voll (oder zu leer, je nachdem) ist um irgend etwas zu machen, was Konzentration erfordert. Dann kriegt man nämlich trotzdem etwas hin, das irgendwie schön ist.
To do:
Doublet:
- Ärmel
- Rockteil
- Futter
- Kragen
Hemd:
- Ärmelsäume
- Saum
- Kragenverschluss
Kleinkram:
- Kette
- Hut!
- Beutel/Tasche?
Optional:
- Schamlatzhose
- Mantel